Auszug aus meinem neuen Projekt: „Fein mit NEIN! Das Buch zum Neinsagen – Schluss mit Dauer-Jasagen“

Nicht-Nein sagen können und sich nicht abgrenzen zu können ist immer noch einer der großen „Volkskrankheiten“ hinter Stress, Burnout, Erschöpfung und Überlastung.

Weil dieses Thema so wichtig ist, gibt es dazu demnächst von mir „Fein mit NEIN! – Das Buch zum Nein sagen“. Momentan arbeite ich fleißig daran und es ist auch schon sehr weit gediehen.

Da ich wie immer tief in das Muster und vor allem in die Ursachensuche gehe, um diese aufzulösen, wird dies erneut ein Buch, das wirkt. Lassen Sie sich überraschen, wenn ich Sie damit demnächst erfolgreich an die Hand nehmen werde und zum Neinsagen-Profi ausbaue! Ich freue mich darauf!

Klappentext:

Viele Menschen haben ein großes Problem damit, an sinnvollen Stellen ihres Lebens Nein zu sagen. Selbst bei ungesunden Anforderungen und starker Überlastung sind sie in einer Dauer-Jasagen-Schleife gefangen, weil verschiedenste Gründe verhindern, dass ein Nein über Ihre Lippen kommt. Auf Dauer ist das jedoch ungesund und dazu überaus anstrengend.

Doch immerzu Jasagen muss nicht sein:

Dieses Buch zeigt Ihnen, warum Sie immer wieder Ja sagen müssen und hilft Ihnen, dies abzustellen. Zusätzlich gibt es Ihnen erfolgreiche Techniken zum Neinsagen an die Hand, um bald zum Neinsagen-Profi zu werden. Am Ende erhalten Sie Ihre Wahlfreiheit zurück und können bald ganz nach Ihren Wünschen selbstbewusst auch Nein sagen.

PS: @mindquieting_daily ist meine Instagramseite, wo ich täglich neue Coachingimpulse gebe

©Nicole Teschner, 2022

Wie ungünstige Glaubenssätze entstehen und wie man Sie wieder verliert

Aus persönlichen Erfahrungen und dem Feedback unserer Umgebung bilden wir mit der Zeit feste Vorstellungen über uns selbst. Die so entstandenen Glaubenssätze sind persönliche Definitionen und beginnen mit Satzteilen wie „ich bin …“/ „ich bin nicht …“ oder auch „ich kann …“ / „ich kann nicht …“ usw.

Hilfreiche Glaubenssätze sind z. B.

  • “ich bin ein Sonntags-Kind”
  • “ich bin vom Glück geküsst”
  • “ich bin ganz gut geraten”
  • “ich bin sehr wichtig”
  • “ich bin stark”
  • „ich bin schön“
  • „ich werde geliebt“
  • usw.

Diese sind meist förderlich und können unverändert bestehen bleiben.

Ungünstige Glaubenssätze dagegen produzieren Stress, Blockaden und Unzufriedenheit und deswegen hilft es, wenn sie abgelegt werden. Beispiele für ungünstige Glaubenssätze sind z. B.

  • “ich bin zu doof”
  • “ich bin falsch”
  • “ich bin wertlos”
  • “ich kann nichts”
  • “ich bin zu faul”
  • “ich habe das nicht verdient”
  • usw.

Aber auch allgemeingültige Sprichwörter, Plattitüden und Phrasen, wie “mit nassen Haaren darf man nicht rausgehen, sonst wird man krank”, “der Klügere gibt nach”, “immer passiert mir so etwas!”, “Frauen können nicht Autofahren” usw. sind Glaubenssätze, richten sich aber nicht unbedingt direkt destruktiv gegen das eigene ICH. Daher müssen diese eher als “Irrglaube” bezeichnet werden.

Glaubenssätze bilden das innere Identitätsgefühl und stellen die Matrize dar, die Ihr Verhalten prägt

Die Glaubenssätze, die Sie im Verlaufe Ihres Lebens angehäuft haben, bestimmen, wie Sie in der Welt und mit anderen interagieren. Wenn Sie viele negative Glaubenssätze in sich tragen, ist auch das daraus resultierende Auftreten und das Interagieren meist schwierig. Beispielsweise werden Sie stets mit Unordnung zu kämpfen haben, wenn Sie fest davon überzeugt sind, “ein Chaot zu sein”, “es nicht hinzukriegen” oder “einfach unfähig zu sein”.

Verhalten, welches einem ungünstigen inneren Glaubenssatz folgt, ist sehr stabil und bestätigt sich in einer selbst erfüllenden Prophezeiung oft immer wieder von selbst.

Einst entstanden Ihre negativen Glaubenssätze durch ungünstige oder unangenehme Erfahrungen

Die Entstehung von Glaubenssätzen ist verschieden. Manchmal haben Sie dabei eine negative Erfahrung gemacht und daraus allein eine Gesetzmäßigkeit – und damit Ihren Glaubenssatz – abgeleitet. So wurden Sie vielleicht zum „schlechten Schwimmer“, wenn Sie damals das dritte Mal beim Schwimmen lernen heftig Wasser verschluckt haben und ab das Gefühl hatten, es „wohl nie zu lernen“.

Oder aber andere haben Ihnen zum ungünstigen Glaubenssatz verholfen: Prägende Interaktionserfahrungen mit Eltern, der Familie, Lehrern und Peergroups, denen Sie während Ihrer Entwicklung ausgesetzt waren, waren dabei häufig Geburtshelfer für negative Glaubenssätze. Wenn z. B. Ihre Eltern oft genug wiederholten, dass “Sie zu nichts zu gebrauchen wären”, bedeutete dies einen permanenten Stress mit der Bedrohung Ihrer Existenz. Dieses Stressgefälle zwischen der eigenen Ansicht „doch ganz gut zu sein“ und der bedrohlichen Ansicht der Eltern („falsch zu sein“), wurde durch einen Kompromiss gelöst: Durch Unterwerfung wurde der Ansicht der anderen zugestimmt und der bedrohliche Konflikt aus der Welt geschafft. Der Preis dafür war jedoch die Zustimmung zur Meinung der anderen und damit die Introjektion des Glaubenssatzes „eben falsch zu sein“.

Auch traumatisch beschämende Momente, z. B. durch den Mathelehrer an der Tafel, wurden häufig durch derartige Glaubenssatz-Introjektionen gelöst, um der Situation möglichst schnell zu entkommen. Am Ende sind daraus viele Menschen mit dem Glaubenssatz „ich kann eben kein Mathe“ entstanden.

Solche Prägesituationen mit ungünstigen Glaubenssatz-Geburten führen im weiteren Verlauf häufig zu überkompensierendem Verhalten, wie Perfektionismus, oder auch Vermeidungsverhalten, wie Prokrastinieren. Auch das Hochstapler-Syndrom ist eine Folge innerer Glaubensmuster, die suggerieren, „in Wahrheit gar nicht so gut zu sein“.

Glaubenssätze sind allerdings nur Glauben-Sätze! Da sie durch Prägungen entstanden sind, lassen sie sich aufspüren und schließlich auch verändern. Wie das geht, habe ich z. B. in meinem Buch „Sie müssen kein Perfektionist sein“ beschrieben.

Ich wünsche Ihnen dabei fröhliches Auflösen und Verändern!

©Nicole Teschner 2022

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Psychische Erkrankung? Oft die Antwort aufs Leben!

girl-worried-1215261Menschen, die Symptome wie Depressionen, Ängste, Zwänge oder psychosomatische Beschwerden entwickelt haben, sind nicht nur durch diese Symptome selbst belastet, sondern werden häufig auch noch stigmatisiert. Denn immer noch gibt es Menschen, die derartige Symptome bei anderen lapidar kommentieren mit: ‚Der/die ist nicht normal!‘, ‚Der/die hat…(Depressionen, Ängste, Panik etc.)‘ mit Effekt-heischendem ‚der ist ja irre‘-Ausdruck…

All diese dürfen Sie gerne fragen, ob sie einen Menschen auch als ‚nicht-normal‘ abstempeln würden, der nach einem Unfall wegen eines gebrochenen Beines humpelnd vorübergeht…? Falls nicht, dann erklären Sie ihm gerne, dass bei psychischen Erkrankungen dasselbe Ursache-Wirkung-Prinzip wie bei einem Beinbruch gilt:

Ursache  –>  Folge  –>  Wirkung

  • Unfall  –> gebrochenes Bein  –>   Humpeln
  • Organische Störung  –> gestörter Hirnstoffwechsel  –> psych. Symptom(e)
  • Unfall –> Hirnverletzung  –> psych. Symptom(e)

In diesem Beispiel habe ich bis jetzt erst einmal nur Fälle genannt, wo klar nachweisbare körperliche Ursachen psychische Symptome auslösen. Und wenn diese gefunden werden,  ist die Akzeptanz für die psychischen Symptome bei den meisten Menschen auch gleich da und Kommentare wie oben unterbleiben.

Doch was ist, wenn der Arzt keine Stoffwechselstörung, organische Störung o.ä. finden kann und es keine Hirnverletzung gibt? Heißt das dann, dass es keine Ursache gibt, die die Wirkung (das Auftreten von psychischen Symptomen) rechtfertigt?

Und hier kommt von mir ein ganz klares NEIN!

Tag für Tag stelle ich bei meiner Arbeit fest, dass man für JEDES Symptom auch eine Ursache finden kann: jedes psychische Symptom (sofern eben keine körperlichen Ursachen vorliegen) ist eine Antwort auf das Leben, dass der Patient bis zu unserem aktuellen Gespräch hinter sich gebracht hat.

Manchmal ist es die Antwort auf das aktuelle Leben, oft eine Antwort auf das Leben in der Kindheit oder die Antwort auf isolierte Erfahrungen aus Kindheit/Vergangenheit/ jüngster Vergangenheit.

Hier gilt genauso:

 Ursache  –>   Folge   –>   Wirkung

‚Biografischer Unfall‘ (Vorfall)  –>         seelische Verletzung     –>   psych. Symptom(e)

Vielfach lassen sich bei Auftreten solcher Symptome dann auch missglückte Bindungen oder Bindungserfahrungen zu Vater oder Mutter (oder auch beiden) oder anderen nahe stehenden Personen finden, emotionale und körperliche Grenzüberschreitungen oder traumatische Erlebnisse, die nicht verarbeitet wurden.

Und daher ist das Erste, was ich Patienten oft vermittele, genau dieses Prinzip: dass es keinen Anlass zur Scham gibt, welche die Patienten sehr häufig anfangs sehr stark empfinden, weil sie sich stigmatisiert fühlen durch die äußere Meinung und anfangen zu glauben, sie wären tatsächlich ‚irgendwie nicht normal‘. Sondern dass es in ihrem bisherigen Leben irgendwann einen oder mehrere ‚ biografischen Unfälle‘ gegeben hat, die nun zu diesen Symptomen führen – nur dass die erlittenen seelischen Schmerzen sich erst jetzt auf diese besondere Art und Weise bemerkbar machen, damit sich der vor mir sitzende Mensch endlich der Wunden widmet und dafür sorgt, dass sie geheilt werden!

Dies erleichtert viele Patienten sofort sehr und motiviert sie für die Therapie. Und zusammen mit meinem Spürsinn und gut angewendeter Methodik, um die Ursachen aus dem Unbewussten ins Bewusste zu holen, machen wir uns dann auf den Weg, um die erlittenen ‚biografischen Unfälle‘ und den entstandenen seelischen Schmerz mit seinem Symptomen nachträglich zu lindern…

Fazit: ein Mensch, der an Depressionen, Ängsten, Zwängen o.ä. leidet – auch wenn keine Ursache offensichtlich ist –  hat auch immer einen oder mehrere gute Gründe dafür: es ist die Art seiner Psyche momentan über die dahinter unbewusst/verborgen liegenden ‚biografischen Unfälle‘ und Verletzungen zu sprechen‘…

©Nicole Teschner – 2018



Verlorene Kindheit: Das gestrafte Kind – Verhaltensfolgen als Erwachsene

Kinder, die mit der Prügelstrafe aufwuchsen, erhielten als Kernaussage das Gefühl, dass sie ‚falsch seien‘ und sich verändern und anpassen müssen, um ‚überleben‘ zu können und die Bindung zu den Eltern und die damit erhoffte Liebe nicht zu verlieren.

Im fast ‚harmlosesten‘ Fall sind Kinder konsistent nur für bestimmte Verhaltensweisen körperlich bestraft worden. Dadurch hat das Kind gelernt: ‚das, was ich getan habe, war falsch‘

Es hat die durch Schläge gebranntmarkten Verhaltensweisen abgestellt, um den Eltern zu gefallen und weitere Schmerzen zu vermeiden. Es hat dadurch gelernt: ‚wenn ich genau dieses tue, dann geht es mir schlecht und ich bin selbst schuld, weil ich das getan habe (obwohl die Schuld für die Art der Bestrafung bei den Eltern liegt). Beispiele für die Verhaltensfolgen im Erwachsenenleben sind z.B.:

  • unerklärliche oder übertriebene Schuldgefühle
  • Wurde das Kind regelmäßig für Ungehorsam oder Aufbegehren geschlagen, wird es im Erwachsenenleben immer noch ein ungutes Gefühl haben, seinen eigenen Willen zu äußern, ihm zu folgen oder sich gegen Dinge aufzulehnen, Nein-zu-sagen etc.. Oder es wird solche ‚Unternehmungen‘ gar vollständig unterlassen, weil die alte unbewusste Angst vor der Bestrafung immer noch eine Auflehnung oder Ungehorsamkeit verhindert. Denn dies wurde damals tief und intensiv in der Kindheit negativ konditioniert. Auch wenn eine Verhaltensänderung gelingt, dann wird diese oft noch von den alten Schuldgefühlen begleitet und den unguten Gefühlen des kleinen – Strafe befürchtenden – Kindes, obwohl ein Aufbegehren in der Erwachsenensituation vielleicht gerechtfertigt ist.
  • Wurde z.B. gestraft bei ‚wenn Erwachsene sich unterhalten, hast du zu schweigen‘, dann wird es im Erwachsenenalter ein ungutes Gefühl mit Autoritäten haben oder überhaupt die eigene Meinung zu vertreten.
  • Wurde bei Disziplinlosigkeit gestraft, dann wird der Erwachsene immer noch mit Situationen und Schuldgefühlen zu kämpfen haben, auch wenn er nun durchaus undiszipliniert sein dürfte oder z.B. sich selbst oder andere(s) verstärkt kontrollieren.
  • usw.

Etwas Falsches zu tun erzeugt Schuldgefühle. Schwieriger ist es, wenn es inkonsistent oder häufig Prügel gab:

Wenn das Kind in Ihnen nicht nachvollziehen konnte, wann es Bestrafungen zu befürchten hat oder welche ‚Vergehen‘ es zu vermeiden hat oder wenn die schmerzhaften Bestrafungen sehr häufig und nicht mehr verstehbar waren, dann werden Sie den Rückschluss gezogen haben: ‚egal was ich tue, es ist falsch‘ und damit irgendwann in Ihrer Identität den Glauben entwickelt haben: ‚ich bin falsch‘.

Das Gefühl ‚ich bin falsch‘ kann drei schwerwiegende Metakonsequenzen haben:

1.       eine ‚erlernte Hilflosigkeit‘ (ein Begriff, den Martin Seligmann und Steven Maier geprägt haben, vgl. Wikipedia)

Personen verharren in schmerzhaften Situationen oder Umgebungen, weil sie in Ihrem Leben die Erfahrung gemacht haben, dass sie  ‚sowieso nichts ändern können‘. Die Folge davon ist mangelndes Engagement, etwas zum Positiven verändern zu wollen, leidvolles Ertragen unangenehmer Konsequenzen, Verharren in der Opferrolle, Gefühle von absoluter Hilflosig- und Hoffnungslosigkeit (bis hin zu Depressionen), Gefühle wie ‚zu schwach zu sein‘ oder ‚meine Gefühle zählen sowieso nicht‘ usw.

2.       und/oder: Schamgefühle

‚Ich bin falsch‘ erzeugt Scham und damit ebenso weitere, weitreichende Verhaltensänderungen. Die dadurch entstehende Vorstellung vom eigenen Ich ist sehr destruktiv und produziert sehr negative Emotionen, weil das gesamte Dasein nun in Frage gestellt wird und dadurch mehr oder weniger starke Verhaltensänderung und/oder körperliche Lähmung entstehen. Durch das Gefühl von ‚ich bin falsch‘ wird das eigene Ich vollständig negiert mit allen Eigenarten und es entstehen starke Ängste oder Trauer oder auch

  • Schüchternheit
  • Kontaktscheue
  • das Gefühl, nichts wert zu sein
  • das Gefühl, dass alle anderen mehr wert sind und man deswegen den anderen mehr gerecht werden muss als sich selbst
  • das Gefühl, dass der Wille der anderen mehr zählt als der eigene
  • Unsicherheit im Umgang mit anderen
  • Stammeln, Stottern, schnelles Erröten
  • eine Blockade, die Meinung (frei) zu äußern
  • sich nicht lebenswert zu fühlen
  • das Gefühl, ein Versager zu sein
  • sich selbst nicht zu mögen (‚so, wie ich bin, bin ich falsch‘)
  • die Unterdrückung eigener Gefühle
  • Antriebslosigkeit, Lähmungsgefühle
  • die Suche und Sehnsucht nach wahrer Liebe für das eigentliche Ich
  • Autoaggressionen (z.B. durch das Essverhalten, Selbstbestrafungsaktionen, wie zu viel arbeiten oder zu leisten, Selbstbekämpfungs-Verhalten in Form von Süchten, Ritzen, Drogenabusus usw.

3.       und/oder: Das Streben nach Perfektionismus

Aus inkonsistenten oder häufigen Bestrafungen entsteht auch der Wunsch nach Perfektionismus und perfektionistisches Verhalten: ‚wenn ich nichts falsch mache und es allen recht mache, geht es mir gut und mir kann mir nichts passieren‘. Somit wird gehofft, dass kein weiterer körperlicher oder emotionaler Schmerz durch Schläge oder Liebesentzug entsteht. Die Entwicklung von Perfektionismus ist ein Bewältigungsversuch und eine Form der Kompensation zur Vermeidung der unangenehmen, schmerzhaften Konsequenzen in der Kindheit. Dieses Verhalten überdauert die Kindheit und äußert sich als Erwachsener in

  • vorauseilendem Gehorsam  (um Bestrafungen zu vermeiden)
  • Überengagement, verstärkter Leistung
  • übertriebener Anpassung (‚damit es mir nicht wieder schlecht geht‘)
  • Kritikvermeidung und -unfähigkeit (die aber autoaggressiv wirkt)
  • sich verbiegen, damit man von anderen gewollt wird und diese zufrieden mit einem sind
  • sich stets selbst für das Nicht-Gelingen einer Sache die Schuld geben und durch eigenes Kompensieren das Gelingen herbeiführen wollen
  • Gefallsucht: möglichst viel tun, um anderen zu gefallen, weil Ablehnung gefürchtet und vermieden wird
  • enormes Status- und Machtstreben
  • es anderen beweisen zu wollen, besser zu sein

Diese Verhaltensänderungen führen letztendlich zu vielen neuen Problemen. Dadurch kommt es nicht selten auch zu den körperlichen Schwierigkeiten, die ich in  ‚Frühkindliche Missbrauchs- oder Gewalterfahrungen Teil I: körperliche Folgen als Erwachsene‘ beschrieben habe – als Ergebnis der Angst des inneren Kindes vor Bestrafungen oder Liebesentzug.

Hier schließt sich also der Kreis, wie aus körperlicher Misshandlung zunächst Verhaltensänderungen und letztendlich körperliche und/oder psychische Probleme entstehen können.

©Nicole Teschner – 2018

Foto: ©Yvonne Bogdanski photoxpress.com

Burnout heißt NICHT immer automatisch Depression!

WoGi - fotolia
WoGi – fotolia

Ein ‚manager human ressources‘ (Personalchef) sagte einmal zu mir: ‚Ein Burnout…das ist doch eigentlich nur eine verkappte Depression!‘

Ich habe dem Sub-Text dieser Aussage – ‚depressive Mitarbeiter sind tunlichst zu vermeiden!‘ – keine Beachtung geschenkt und stattdessen versucht, Licht in sein Dunkel zu bringen:

  • Richtig ist, dass ein Burnout irgendwann in eine Depression münden kann – und auch wird‚ wenn man den Betreffenden lange genug weitermachen lässt‘ und/oder er ‚lange genug aushält ‘. (Dass und wie es dazu kommt, beschreibe ich demnächst im Artikel ‚Psychische Erkrankungen und das Stresskontinuum‘)
  • Richtig ist auch, dass massive innere und äußere Konflikte oder tief-liegende Traumata Betroffene schneller oder langsamer in einen Burnout führen können – und somit eine larvierte (verdeckte) Depression vorliegen kann, die ein (Mit)Auslöser für die letztendlich auftretende komplette Erschöpfung sein kann.
  • Richtig ist auch, dass Ärzte und Patienten manchmal ‚Burnout‘ als gesellschaftlich besser akzeptierte Schutzdiagnose wählen – was ja auch Sinn macht, wenn man sich den Sub-Text des obig erwähnten Personalchefs mit den drohenden Konsequenzen für sich outende depressive Mitarbeiter noch einmal zu Gemüte führt…

Trotzdem heißt Burnout NICHT immer automatisch Depression!

Denn

  1. gibt es auch andere Ursachen (über eine Depression hinaus), die Menschen in einen Burnout führen können: z.B. stets Anerkennung durch übertriebene Leistung erreichen zu wollen und andere apokalyptische Reiter des Burnout, Mobbing oder wiederholter, nicht zu bewältigender Mikro-Stress, mangelnde Anerkennung durch den Arbeitgeber, stetes Übergangen-werden bei Beförderung etc. Das heißt: wenn ein Mensch einen Burnout hat, kann es zwar sein, dass eine Depression vorliegt, es kann aber auch genauso gut sein, dass er keine Depression hat! Das zu entscheiden möge deswegen Fachleuten vorbehalten sein!
  2. Wenn keine larvierte Depression vorliegt, kommt es erheblich darauf an, wie weit der Burnout-Prozess vorangeschritten ist: wird der Mensch sehr schnell wachgerüttelt oder kommt er selbst frühzeitig an dem Punkt, dass irgendetwas in seinem Leben ‚schief läuft‘, dann muss es nicht bis zu einer Depression oder deutlich einschränkenden Körpersymptomen kommen und eine anschließende Depression oder Panikstörung kann vermieden werden. Entscheidend ist also, an welchem Punkt des Burnout-Prozesses der Betroffene gerade angetroffen wird.
  3. Werden viele Burnout-Patienten (glücklicherweise!) durch den Körper vor dem Abrutschen in die Depression (die dann oft auch noch das eigene Dasein infrage stellt) ausgeknockt: z.B. zwingen Panikattacken sie auszusteigen und zu reflektieren. Auch hier liegt somit noch (!) keine Depression vor und der Patient ist eher hyperaktiv als depressiv gelähmt.
  4. Und selbst wenn eine Depression vorliegt (…um der Stigmatisierung noch einmal entgegen zu wirken): selbst wenn bei einem Menschen im Burnout-Geschehen eine Depression offensichtlich wird, hat er sie sich bestimmt nicht ausgesucht! Eine Depression ist immer (wenn keine tatsächliche oder angenommene körperliche Ursache dahinter steckt) eine Antwort auf das, was dem Menschen, der vor einem sitzt, in der Vergangenheit widerfahren ist oder in der Gegenwart gerade widerfährt – und damit niemals verwerflich und muss auch kein in Stein-gemeißeltes Schicksal á la ‚einmal Depression – immer Depression‘ sein!

…Und schon gar nichts sagt eine Depression über die generelle Leistungsfähigkeit eines Menschen im Arbeitsleben aus, wenn dieser die Depression überwunden hat und sich gut mit den Themen dahinter auseinander gesetzt, verändert und daraus gelernt hat…

©Nicole Teschner, 2015

Foto-Copyright: WoGi-fotolia

 

Burnout kommt vom Job – oder doch nicht? Ganz so einfach ist es nicht!

Fangen wir vorne an:

Das Burnout-Syndrom ist laut Wikipedia

lassedesignen - fotolia
lassedesignen – fotolia

ein Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit. Es kann als Endzustand einer Entwicklungslinie bezeichnet werden, die mit idealistischer Begeisterung beginnt und über frustrierende Erlebnisse zu Desillusionierung und Apathie, psychosomatischen Erkrankungen und Depression oder Aggressivität und einer erhöhten Suchtgefährdung führt. Das Burnout-Syndrom ist wissenschaftlich nicht als Krankheit anerkannt, sondern gilt im ICD-10 als ein Problem der Lebensbewältigung. Es handelt sich um eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher oder anderweitiger Überlastung bei der Lebensbewältigung. Diese wird meist durch Stress ausgelöst, der wegen der verminderten Belastbarkeit nicht bewältigt werden kann.

Einst wurde das Auftreten eines Burnout-Syndroms rein arbeitsabhängig verstanden (und auch ursächlich durch die Arbeit). Inzwischen sind allerdings die Kontexte erweitert worden und es wird allgemeiner vom Zustand mit reduzierter Leistungsfähigkeit aufgrund beruflicher oder anderweitiger Überlastung gesprochen – denn Zustände mit emotionaler Erschöpfung und reduzierter Leistungsfähigkeit finden sich auch inzwischen bei Schülern, Hausfrauen, Langzeit-Arbeitssuchenden, Menschen, die sich im Privatleben beispielsweise durch Intensiv-Pflege von kranken Angehörigen erschöpfen und auch vielen anderen, die sich körperlich und emotional verausgaben und erschöpfen. Allerdings werden derartige Zustände natürlich immer noch schneller offensichtlich, wenn ein Mensch durch die reduzierte Leistungsfähigkeit eine Krankschreibung und einen Ausstieg aus dem Berufsleben benötigt – und dann auch eher akzeptiert!

Aufgrund der einstigen Beobachtung des Entdeckers des Syndroms im Arbeitskontext (Herbert Freudenberger, 1974) hält sich auch noch hartnäckig der Glaube, dass Menschen mit dem Testat ‚Burnout‘ halt einfach zuviel in Ihrem Job (mit anfänglicher Begeisterung und Über-Idealismus und anschließender zunehmender Frustration) geleistet haben und somit einzig ‚der Job schuld‘ am Auftreten des Burnouts ist… Gerne wird sich deswegen auch erst einmal der ‚Verdienstorden‘ bei der Diagnose ‚Burnout‘ angeheftet – und nichts verändert, außer ‚mal auszusteigen‘ – was aber nichts nützt (siehe unten)!

Denn ein Burnout-Syndrom kommt niemals nur vom Job allein!

Wenn man bei Menschen mit ‚wasch-echten‘ Burnout-Syndromen nach den Ursachen forscht, dann wird sehr schnell deutlich, dass sicherlich ca. 20% des Syndroms durch die ausgeübte Beschäftigung(sstruktur) mitverursacht wurden – aber 80% der Ursachen in begünstigenden Persönlichkeits- und Verhaltensmustern und vorangegangenen Erfahrungen oder Traumatisierungen oder einer persönlichen Verletzlichkeit und Anfälligkeit (Vulnerabilität) zu finden und zu verändern sind – (ArbeitgeberInnen aufgepasst: was gleichzeitig trotzdem bedeutet, dass Sie sich wegen Ihrer Mit-Beteiligung unbedingt ihrer Mit-Verantwortung stellen und handeln müssen!)

Dass dieses Prinzip – ein Burnout kommt nicht nur vom Job allein – zutreffend ist, lässt sich ganz einfach daran belegen, dass manche Kollegen mit demselben Job und denselben Arbeitsanforderungen ein Burnout-Syndrom entwickeln und andere eben nicht (die halt weniger oder keine begünstigenden Vorerfahrungen und Persönlichkeits- und Verhaltensmuster haben). Somit gibt es immer über die Arbeit hinaus reichende zusätzliche Ursachen, die die Zuspitzung in Richtung ‚Burnout‘ bei Betroffenen überhaupt ermöglichen.

Das mag nun für manche frustrierend zu lesen sein, da es doch ohne persönliche Ursachen reichen würde, den Job zu ändern, um ein erlittenes Burnout-Syndrom zu beenden und nachhaltig zu verhindern…(was nicht gelingt, wenn nicht an den persönlichen Ursachen gearbeitet wird: dann wartet im nächsten Job nämlich ruckzuck die nächste Erschöpfungskrise, weil ’schon wieder‘ der eigene Körper und die eigene Psyche übergangen wurden…)

Doch auch wenn es Sie nun wurmt zu lesen, dass Sie sich zusätzlich ‚selbst anschauen und verändern müssen‘: möchten Sie, dass ich Ihnen lieber Sand in die Augen streue und sage: ‚wechseln Sie Ihren Job und alles ist prima und hübsch‘ (und der nächsten ‚Burnout-Katastrophe‘ entgegenschippern) oder möchten Sie die Wahrheit und damit lieber dauerhaft vor Wiederholung geschützt werden?

Ich denke, ich liege richtig, dass Sie sich – wenn Sie ehrlich mit sich selbst sind (!) – für die zweite Möglichkeit entscheiden werden und sich lieber Ihrem kompletten Ursachen-Spektrum stellen möchten als immer und immer wieder dasselbe nochmal durchmachen zu müssen!

Denn nebenbei bemerkt: ein Burnout-Syndrom ist nur in den Anfangsphasen ein ‚Problem in der Lebensbewältigung‘. Dieses kann sich aber sehr schnell bei weiterem ‚Aushalten-Durchhalten-Klappe halten‘ zu einem massiv einschneidenden psychiatrischen Symptombild mit gravierenden Störungen und Verhaltensänderungen entwickeln, welches sich bei noch weiterem ‚Durchhalten‘  nicht selten bis hin zur latenten Suizidalität oder handfesten psychotischen Entgleisungen entwickeln kann – was dann übrigens auch in die Hände von Profis gehört und nicht mehr mit einfacher Lebensberatung oder einem Coaching abzuhaken ist – hier ist ärztliche Kontrolle und eine gute Psychotherapie nötig!

Also: Augen auf – hinschauen wollen – ehrlich mit sich selbst sein – bearbeiten – sich ändern – wieder aufstehen – vielleicht dann doch noch den Job wechseln und sich was passenderes suchen – und gesünder weiterlaufen!

©Nicole Teschner, 2015

Foto-Copyright: lassedesignen-fotolia

Es ist soweit: das Burnout-Special kommt!

lassedesignen-fotolia
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Es ist endlich soweit: mein Burnout-Special folgt in den nächsten Wochen auf diesem Blog und ist gerade hoch-akut in der Entstehung!

Angefangen mit meiner Sicht auf die allseits herrschenden Kontroversen, ob denn nun Burnout tatsächlich vom Job kommt oder nicht und ob ein Burnout nur eine verkappte Depression ist oder nicht, möchte ich anschließend einen intensiven Einblick in die beruflichen und auch persönlichen Ursachen geben, die zum Burnout führen: ich werde über die wichtigsten beruflichen Energiekiller schreiben und über die – für mich deutlich bedeutenderen – apokalyptischen Reiter des Burnout.

Ebenso möchte ich mich auch der Burnout-Entstehung widmen – allerdings nur in Kurzform, da unheimlich viele Modelle bereits nieder geschrieben wurden und darüber inzwischen viel bekannt geworden ist.

Was mir weiterhin ein großes, wichtiges Anliegen sein wird, ist eine Übersicht über das Symptomspektrum zu geben und aufzuklären, was ein Burnout ist und was nicht. Denn inzwischen wird der Begriff ‚Burnout‘ doch sehr inflationär verwendet. Manchmal ist es richtig, manchmal aber auch nicht – hier möchte ich noch ein wenig mehr Klarheit schaffen!

Abschließend noch eine Betrachtung anhand der Arbeiten des von mir sehr bewunderten Aaron Antonovsky, der die Suche nach den Ursachen für Gesundheit (und in der Umkehr für Krankheit und auch drohendem Burnout) sehr einfach auf den Punkt gebracht hat. Lassen Sie sich überraschen und stellen Sie sich dann selbst auf die Probe, ob Sie dort richtig sind, wo Sie aktuell Ihre Brötchen jagen!

Sollten Sie hin und wieder selbst einmal darüber nachgedacht haben, ob Sie ein Burnout-Kandidat sind: ich verspreche Ihnen, Sie werden sich in dem Falle an der einen oder anderen Stelle garantiert wieder finden!

Ich freue mich also schon auf die einzelnen Veröffentlichungen und über Ihr fleißiges Mitlesen!

©Nicole Teschner, 2015

Foto-Copyright: lassedesignen, fotolia

Stoppt die Stigmatisierung: Vorsicht! Toxische Scham!

 

copyright: pathdoc, fotolia
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Der vorherige Artikel über die Gruppe Menschen, die sich nicht traut, auf ihre psychische Not aufmerksam zu machen und daher vielleicht sogar Suizid begeht, führt mich zu dem mächtigsten aller unangenehmen Gefühle: der Scham. Patienten die Scham zu nehmen, ist für gewöhnlich meine erste Aufgabe in der täglichen Praxis, wenn ein Patient neu zu mir kommt. Oft ist diese extrem stark und macht es dem Patienten zunächst unmöglich, sich mit den eigentlichen Themen hinter ihren Symptomen auseinander zu setzen.Aber warum ist Scham das am meisten ‚pathologische‘ Gefühl aller negativ erlebten Gefühle?

Während Gefühle wie Trauer, Wut, Aggression, Verachtung, Ekel, Angst etc. bereits massive Veränderungen im Erleben und im Verhalten der Patienten auslösen, ist Scham ein Gefühl, dass von seiner Wirkung her diesen noch weit überlegen ist: Unerlöst wirkt sie sich ‚hoch toxisch‘ auf die seelische Gesundheit aus. Wenn auch schon Trauer, Wut, Aggression, Verachtung, Ekel, Angst sehr verändernd wirken und auch Gefühle von Ohnmacht, Verzweiflung und Hilflosigkeit stark einschränkend sind: Scham führt die Liste der ungünstigen Gefühle bezüglich der ‚toxischen‘ Wirkung auf die Psyche an!

Um dies zu erklären, möchte ich für belastende Gefühle die dahinter verborgene Botschaft nennen:

So bedeutet z.B. aufkommende

  • Trauer: ‚mir ist etwas passiert, was ich nicht wollte…‘
  • Wut: ‚ich habe nicht das bekommen, was ich wollte…‘
  • Aggression: ‚ich muss mich gegen (…) wehren…‘
  • Angst: ‚ich muss hier weg!‘
  • Schuld: ‚ich habe etwas falsch gemacht…‘

Bei all diesen Gefühlen erkennt das Bewusstsein trotzdem jedoch, dass es potenziell noch Auswege gibt, die den Stress senken könnten:

  • Bei Trauer z.B.: ‚ich muss nächstes Mal verhindern, dass sich ähnliches wiederholt!‘
  • Bei Wut: ‚ich muss aufpassen, dass ich nächstes Mal ‚zu meinem Recht‘ komme!‘
  • Bei Aggression: ‚nächstes Mal werde ich mich (besser) wehren!‘
  • Bei Angst: ‚ich passe besser auf und vermeide es in Zukunft lieber!‘
  • Bei Schuld: ‚nächstes Mal mache ich es richtig (oder besser)!‘

Mit dem unbewussten Erkennen noch potenzieller Auswege entsteht trotz all dieser negativer Gefühle immer noch ein Funken Hoffnung, dass sich die Lage bald ändern bzw. bessern wird – und die Patienten spüren dies daran, dass es ihnen zwischendurch vorübergehend auch mal ein bisschen besser geht…

Bei Ohnmacht, Hilflosigkeit und Verzweifelung ist die ‚Pathogenität‘ schon höher:

Denn die dahinter liegenden Botschaften bedeuten:

  • Ohnmacht: ‚ich muss es ertragen, ohne mich wehren (oder fliehen) zu können!‘ oder ‚ich bin machtlos!‘
  • Verzweifelung: ‚es ist aussichtslos!‘ oder ‚es wird sich niemals ändern!‘
  • Hilflosigkeit: ‚es gibt keine Hilfe für mich!‘

Durch die unbewusste Einschätzung, dass es wohl aktuell keinen Ausweg aus der Situation gibt, entsteht Stillstand und Hoffnungslosigkeit. D. h. die Menschen verharren quasi und warten ab, ob sich die Situation irgendwie wieder bessert (…by the way: erinnert Sie das an eine Depression?…)

Aufkommende Scham setzt jedoch in puncto ‚Pathogenität‘ noch eins drauf:

Denn während bei Gefühlen von Trauer, Wut, Aggression usw. zumindest noch Aktionismus in irgendeiner Form stattfindet und Menschen mitunter in einem Zustand der Aussichts- und Hoffnungslosigkeit lange bewegungslos verharren können, setzt Scham dagegen eine Negativ-Spirale in Gang, die zusehends mehr die Identität, die Zugehörigkeit zu den Mitmenschen und die geglaubte Daseinsberechtigung der Betroffenen bedroht:

Denn die verborgene Botschaft hinter der Scham ist: ‚ICH bin falsch!‘ und signalisiert: ‚ändere Dich sofort!‘

Zwar ist die Fähigkeit Scham zu fühlen evolutiv sehr nützlich (führt sie doch dazu, sich in Gruppen durch das Wahrnehmen von persönlichen Schwächen und deren Veränderung besser anpassen zu können, um so einen potenziellen Ausschluss aus der Gruppe zu verhindern und weiterhin deren größeren ‚Überlebensvorteil‘ nutzen zu können), doch wird dieses Gefühl höchst schädlich, wenn eine Selbständerung nicht möglich ist:

Wenn sich nämlich die Scham-auslösenden Parameter der persönlichen oder bewussten Kontrolle entziehen – wie es bei psychischen Symptomen meistens der Fall ist – und der Mensch alleine schon für das bloße Vorhandensein solcher Parameter verurteilt wird (Stigmatisierung!), entwickelt sich eine charakteristische, höchst-ungünstige Gedanken-Spirale, die bis zu Suizid-Fantasien und -handlungen reichen kann. Denn das unbewusste Denken ändert sich dabei in etwa wie folgt:

Wenn ‚ich falsch bin‘ (…nicht genüge…) und mich nicht ändern kann, bin ich eine Belastung für die Gruppe… und wahrscheinlich auch für die ganze Welt…besser wäre, es gäbe mich nicht mehr…

Somit entstehen durch nicht auflösbare Gefühle von großer Scham starke innere Spannungen, die allmählich unerträglich werden:

  • Im fast günstigeren Fall kann diese Spannung dann noch durch  zusätzliche ‚Übersprungs-Syndrome‘ reduziert werden: z.B. indem dann zu den bereits vorhandenen Symptomen noch ein Zwang oder Wahn oder eine Sucht entsteht und damit die Spannung pseudo-gelöst wird.
  • Im schwerwiegenden Fall entstehen jedoch Fantasien und Wünsche von ‚Selbstauflösung‘, um den nicht-lösbaren Scham-Konflikt zu beenden: d.h. es kommt zu passiven Todesfantasien, Todeswünschen, Todessehnsucht oder auch zu selbstschädigendem Verhalten oder aktiv suizidalen Handlungen.

Was bedeutet nun Stigmatisierung für Patienten mit psychischer Erkrankung?

Wenn psychische Erkrankungen oder Symptome stigmatisiert werden, dann fühlen sich Patienten ‚falsch‘ – es entsteht Scham. Die Scham lässt sich jedoch nicht  abbauen, da sich psychische Symptome, wie z.B. Depressionen, Ängste, Zwänge etc. nicht (oder noch nicht) willentlich abstellen oder kontrollieren lassen. Somit sind diese Menschen ihrer Scham hilflos ausgeliefert: sie wirkt sich toxisch aus und leitet zu dem bereits vorhandenen Schwierigkeiten eine ungünstige Entwicklung ein – mit negativen bis potenziell tödlichen Konsequenzen!

Wir alle können also Verantwortung für betroffene Menschen übernehmen und ihnen helfen, dass sich die Lage zumindest nicht verschlimmert, indem wir ihnen Verständnis für ihre psychische Erkrankung entgegenbringen und unvoreingenommen Unterstützung anbieten!

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Der wohl gewichtigste Grund, warum Stigmatisierung unterbleiben sollte

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Suizide sind ein schwieriges Thema.

Leider suizidieren sich weltweit immer noch zu viele Menschen. Für Hinterbliebene ist jeder Suizid sehr belastend. Denn immer bleibt neben der entstandenen Lücke durch das Fehlen des verstorbenen Menschen auch die Frage nach dem ‚warum hat er/sie das getan?‘ zurück.

Manchmal suizidieren sich Menschen, ohne dass das Umfeld vorher Hinweise bekommt, die ein Eingreifen und Hilfestellung vielleicht noch möglich gemacht hätte. Hier kommt dann zu der Frage nach dem ‚warum‘  auch noch die belastende Frage nach dem: ‚Warum hat er/sie nichts gesagt? Ich  hätte doch helfen wollen/können!‘ hinzu.

Sicherlich haben Suizidenten ganz verschiedene Motive, warum sie sich das Leben nehmen und auf welche Art und Weise sie das tun. Und manche Suizidenten planen ihren Suizid absichtlich so, dass das Umfeld vorher keine Hinweise auf ihre Absichten bekommt –eben damit niemand sie davon abhalten kann.

Doch es gibt auch Suizidenten, die vorher Hinweise geben: Oft ‚nur leise‘, am Rande, unauffällig:

Wenn wir überlegen, warum dies wohl ‚nur leise‘, ‚am Rande‘, ‚unauffällig‘, ‚zaghaft‘ geschieht, finden wir sicherlich auch wieder verschiedene Motive:

Manchmal reicht vielleicht die Kraft bei diesen Menschen einfach nicht mehr aus, um ‚lauter‘ auf ihre drängenden Probleme aufmerksam zu machen. Manchmal könnte es so sein, dass sie sich von ihren schüchternen oder nur noch schwachen Hilferufen sowieso keine Hilfe mehr erhoffen, weil sie in der Vergangenheit genau diese Erfahrung gemacht und inzwischen resigniert haben….

Doch manchmal könnte es auch so sein, dass dieses ‚nur leise Hinweise geben‘ deswegen ‚leise‘ geschieht, weil die Suizidgefährdeten ‚Angst vor Zurückweisung‘, vor ‚belächelt-werden‘, vor ‚sowieso nicht ernst-genommen werden‘ haben…und um ihre eh schon als sehr verfahren erlebte Lage durch die befürchtete Gleichgültigkeit/das  Unverständnis von Mitmenschen nicht noch schlimmer zu machen, versuchen sie eben nur ganz vorsichtig – eben leise! – auf ihre Lage und ihre Verzweifelung aufmerksam zu machen…

Was wäre wohl, wenn wir diesen Menschen – wie klein oder wie groß dieser Anteil auch immer sein mag – das Vertrauen geben könnten, nicht belächelt, nicht stigmatisiert und nicht abgewiesen, sondern ernst genommen und verstanden zu werden, sodass sie ihre Absichten ‚lauter‘ äußern könnten, um Hilfe zu bekommen?

Wie viele Suizide könnten wir in Zukunft wohl einfach dadurch verhindern, dass wir einen allgemein akzeptierten und verstandenen und hilfreichen Boden für psychisch Notleidende bieten?

Dies ist der wohl gewichtigste Grund, warum es absolut notwendig ist, jeden Menschen mit psychischen Erkrankungen und Symptomen ernst zu nehmen und zu verstehen und endlich die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen zu beenden! Abwertende Bemerkungen sollten stets unterbleiben und ALLE sollten sich bemühen, Betroffenen das Vertrauen zu geben, auch ‚laut‘ auf sich und ihre Probleme aufmerksam machen zu dürfen!

…denn denken Sie immer daran: Sie wissen nie, wer und wie viele ihrer Lieben sich aktuell ebenfalls nicht traut, ‚laut‘ nach Hilfe zu rufen und daher schamhaft schweigt!

©Nicole Teschner, 2015

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